Das harmonische Chaos

Können wir uns dem Chaos verwehren,
indem wir versuchen, alles zu erklären?
harmonia (lat.) = Einklang, Harmonie cháos (grc.) = leerer, unendlicher Raum

Der Flügelschlag eines Schmetterlings in Bonn
kann einen Hurrikan in Boston auslösen.
Ein Flipperautomat folgt Gesetzen der Gravitation,
wir aber können die Bewegungen des Balles nicht vorhersehen.

Wirtschaftssysteme, Wahlen, Staus, die Wettervorhersage,
all das sind Systeme, die einer Ordnung folgen.
Dennoch überraschen uns die Ergebnisse.
Ist das Chaos oder sind die Kausalketten einfach zu komplex?

Kleinste Veränderungen in einem dynamischen System,
die zufällig wirken, können riesige Auswirkungen haben.
Die Chaos-Theorie will Ordnung in diese Unsicherheit bringen,
Menschen halt geben in dieser sich verändernden Welt.

„Alles ist Zahl“, soll Pythagoras gesagt haben,
die heilige Geometrie, die Ordnung schafft.
Kosmische Intelligenz oder die Vermessung der Welt,
verlässliche Gesetzmäßigkeiten geben uns Halt.

Aus dem Urknall im leeren Raum sind Universen entstanden,
die sich verlässlich in ihren Bahnen geordnet haben.
Aus unendlich vielen Atomen werden Enzyme, Proteine, Zellen,
die uns in einer unfassbaren Anordnung zum Menschen machen.

Materie organisiert sich anscheinend von selbst,
folgt bekannten und unbekannten Naturgesetzen.
Haben wir Ursache und Wirkung erkannt,
nennen wir das Ganze dann Ordnung.

Das „wüste Durcheinander“ in Platons Kosmogonie
beschreibt Chaos als gesetzlosen Raum.
„Der unendliche leere Raum, die gestaltlose Urmasse“,
sind weitere Vermutungen zur Herkunft des Wortes.

Ein leerer Raum, in dem alles passieren kann,
der keine Regeln kennt, alles (Un)Vorstellbare manifestiert.
Der Albtraum für jeden, der die Ordnung liebt,
das Paradies für Schaffende, die Möglichkeiten suchen.

Ist das, was wir Chaos nennen,
ein Gesetz, das wir noch nicht kennen,
eine Ordnung, die wir nicht verstehen,
weil wir alles mit Materie erklären?

In einer materiellen, deterministischen Welt
gibt es keinen freien Willen, keine Zufälle,
alles folgt Abläufen von Ursache und Wirkung,
die mit dem Verstand erklärt werden können.

Was ist mit Emotionen, Gedanken, Träumen?
Eine geistige Ebene, verborgen im Unterbewusstsein.
Was passiert in dem uns verborgenen Raum,
den wir nicht mit unseren Sinnen erfassen können?

In einer nicht-dualen Welt
sind Chaos und Ordnung eins,
sie bedingen einander,
können nicht getrennt gesehen werden.

Wenn ich in eine Banane beiße,
gleiche ich meinen Kalorienverbrauch aus,
gleichzeitig zerstöre ich eine Menge Moleküle.
Meine Ordnung sorgt zwangsläufig für Chaos.

Die ultimative Disharmonie ist der Tod,
der gleichzeitig zerstört und Platz macht,
damit daraus neues Leben entstehen kann,
das dann wieder nach Ordnung strebt.

Alles fließt, alles ist Veränderung,
scheinbares Chaos folgt einer Ordnung.
Das kann ich nicht wissen, nur glauben,
nicht mit Logik erklären, muss darauf vertrauen.

Chaos und Harmonie sind zwei vom Gleichen,
ein Raum voller Möglichkeiten stellt die Weichen.

Veröffentlicht am 09.12.2022 von Sebastian Kühn

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Bettina Reichenwallner
Bettina Reichenwallner
12.12.2022 21:58

Hallo, ich brauche das Chaos und die Harmonie gleichzeitig, ich versuche meinen Tanz des Lebens einen Rhythmus zu geben ein Gleichgewicht zu finden zwischen meinem Verstand und meinem Chaos, Linien zu ziehen aus der Vergangenheit zu (m)einer möglichen Zukunft immer im Rahmen dessen was mich ausmacht. Sind meine Gedanken nicht bei mir im Jetzt Lasse ich das Chaos zu. Träume versinke tanze und tanze zum Wäscheberg hinüber der zusammengefaltet werden muss. Denn die Ordnung im Kleinen macht Platz , Gibt Zeit, vermeidet unnötiges Suchen, denn Zeit ist kostbar also hackt das Holz mit geschärfter Axt. … Später mehr. mir fällt ein Sack voll unsortierter Gedanken zu Deinem Gedicht ein. Lieben Gruß